Duale Wertschöpfung – Innovation und Alltag als Geschwister (DZ #11)

29. Oktober 2015 - Ralf Hildebrandt

In einem dynamischen Markt ist keineswegs „alles“ dynamisch. Auch bei dynamikrobusten Höchstleistern sind die blauen Anteile der Wertschöpfung viel größer als die roten. Die Konkurrenzkraft allerdings erwächst in dynamischer Umgebung nur aus den roten Anteilen. Rot und Blau sind also keine Alternativen, sondern die zwei Seiten einer Medaille.

Beispiel: Eine Stadt kauft sich neue Straßenbahnen. Der Hersteller teilt den Auftrag intern in einen kundenneutralen Serienanteil (blau) und ein kundenspezifisches Projekt (rot). Das ist schwieriger, als es scheint. Die beiden Wertschöpfungen erzeugen zwei Kulturen. Diese sind so unterschiedlich, dass sie sich zueinander verhalten wie Feuer und Wasser. Ein direkter Kontakt würde eine der Seiten zerstören. Gewinnt das Rote, so wird die Produktion zu teuer. Gewinnt das Blaue, so wird die Produktion unbeweglich. Beides wäre nicht mehr konkurrenzfähig. Deswegen wird meist einer der Anteile zugekauft. 

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Die Bestellung eines Kunden wird intern aufgeteilt, getrennt bearbeitet und die Ergebnisse zu einem Produkt zusammengeführt.

Höchstleister setzen beide Kulturen in ein konstruktives Verhältnis, indem sie diese unter dem eigenen Dach getrennt halten. Im Bild vom „Feuer und Wasser“: Nur wenn Wasser durch einen Kessel vom Lagerfeuer getrennt bleibt, gibt es eine warme Suppe als konstruktive Kopplung. Das Motto „Ein Unternehmen, eine Kultur!“ gilt für Höchstleister nicht.

Trennung von Kulturen bedeutet nicht Trennung von Menschen. Dieselbe Person kann sich in einem Fußballstadion wohlfühlen und in einem Konzert. Die Kulturen dürfen nur nicht verwechselt werden. Mitarbeiter eines Höchstleisters können die interne Kulturgrenze leicht überschreiten. Ärger gibt es nur, wenn dies in belehrender Absicht geschieht. Denn die „kreativen Chaoten“ aus der Projektarbeit und die „bürokratischen Betonköpfe“ der Serienfertigung können sich beschimpfen, aber nicht belehren.

In dynamischer Umgebung muss die Grenze ständig verschoben werden. Sobald sich im roten Bereich Abläufe wiederholen, müssen daraus Prozesse werden (Rationalisierung). Wenn ein Prozess ständig modifiziert werden muss, wird die Arbeit zukünftig von einem Projekt übernommen (Individualisierung). Wir nennen dieses Hin und Her „Grenzverkehr“. Weil bei Höchstleistern diese Grenze intern ist, können sie diese leichter und schneller verschieben.

Bis nächste Woche!

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