Rechnen sie nochmal nach!

15. September 2016 - Ralf Hildebrandt

„Wir brauchen Wachstum. Das muss der Business Case schon hergeben, Herr Blümlein. Rechnen sie noch einmal nach!“ Der junge Kollege stöhnt und ist genervt. Die Managerin, die das „Nachrechnen“ verlangt, ist längst wieder aus der Tür. Was soll der Blödsinn? Lange hat man sich im Team um sogenannte realistische Annahmen gekümmert. Auf ihr Anraten hin. Und das ist jetzt egal? Die ganze Mühe umsonst? 

Unnütz ist ein solch „getunter“ Business Case auf keinen Fall. Die Managerin benötigt das Dokument. Irgendwo muss sie den Case vorzeigen. Er muss auch eine bestimmte Qualität haben. Denn er organisiert die Darstellung in Richtung Börse. In Richtung der Kapitalgeber. Das muss gemacht werden. Sogar gut. Sonst riskiert man den Börsenkurs. Das ist gefährlich.

Ob und wie viel Intelligenz oder Zeit man in solch ein Vorhaben steckt, steht auf einem ganz anderen Blatt. In jedem Fall ist die Arbeit aber zu tun.

Modern electronic scales with banknotes and coins

Aber diese Form von Arbeit organisiert eben nicht das Geschäft. Wer sich mit der Zeit daran gewöhnt hat, liefert den Plan ab und widmet sich wieder der Arbeit. 

Problematisch wird es nur, wenn man sich mit dem Business Case extra viel Mühe gemacht hat. Und ihn deshalb auch in der Praxis benutzen will. Dann sitzt man in der Falle.

Ein Business Case für einen Manager ist kein Business Case für die Geschäftsentwicklung.*

Der Business Case für die Managerin aus unserem Beispiel löst ein ganz anderes Problem. Sie muss top-down verkünden, dass Wachstum gebraucht wird. Sonst runzelt man an der Börse die Stirn. Das will man dann auch irgendwo festgehalten sehen. Es fällt zwar meist auf, dass es Jahr für Jahr dasselbe Theater ist. Das liegt aber nicht an der einfallslosen Managerin. Sondern am immer gleichen Ziel der Investoren. 

Was tun? Die kluge Praxis stellt den Business Case beiseite, wenn man diese Form von Theaterkommunikation hinter sich gebracht hat. Und kümmert sich dann darum, was maximal mit dem eigenen Geschäft möglich ist. Nicht um irgendeine Zahlenvorgabe. Denn die kommt ja wohl von jemandem, der sich in Sachen Umsetzungskompetenz im Vergleich mit Ihnen hinten anstellen muss. Oder? Wie sollte sich jemand besser in ihrem Bereich auskennen, der nicht wie Sie jeden Tag gezwungen ist, durch Irrtümer dazuzulernen? Man könnte es auch so sehen: es gibt gar keinen Grund, sich mit weniger zufrieden zu geben. Das ist ganz normal. Denn das versucht auch jeder Konkurrent. 

Wenn man das versteht, muss man sich über Zahlen nie wieder Sorgen machen. Denn entweder übertrifft man sie, dann muss man seinen Ausrutscher vielleicht sogar ein wenig verstecken. Oder man erreicht sie nicht, dann hat man gleichzeitig den Beweis, dass sie nicht erreichbar waren. Man hat sich schließlich um das maximal Mögliche gekümmert. 

Könnte es wirklich so einfach sein?

Bis nächste Woche!

*gilt wie immer nur bei Dynamik!
Wenn Sie die zukünftige Umsatzentwicklung durch Extrapolation der Vergangenheit ausrechnen können, tun Sie das bitte auch. 

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Bildnachweis: istockphoto Emmeci74 89306065

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