Zweimal Gold, bitte.

22. Februar 2018 - Ralf Hildebrandt

Es ist ja gerade Winter-Olympiade, werte Leserinnen und Leser. Drei Tage noch.

Und wissen Sie was? Es gibt Medaillenziele! Es gibt auch ein Steuerungsmodell dazu. Der Deutsche Olympische Sportbund vereinbart mit den Spitzenverbänden, welche Zahl von Medaillen zu erreichen ist. So läuft das schon einige Jahre. Das würde man gerne einmal miterleben, wie das vor sich geht.

Für die Bobfahrer zum Beispiel sind es diesmal 2 Goldmedaillen (wenn wir das richtig mitbekommen haben). „Einmal Gold und einmal Silber? Nee – ist ein bisschen wenig. So eine Bahn ist teuer. Also zweimal Gold. Ja. Das ist besser. Ah – ok. Gut.“

Und was passiert dann wohl, wenn die Bobfahrer das von ihrem Funktionär erfahren? Sie warten bestimmt schon gespannt mit roten Bäckchen auf die Ansage: „Räusper, räusper…. also ich muss euch mitteilen… 2 x Gold! Ui! Ah. Jetzt wissen wir, was Sache ist. Danke vielmals – jetzt geht´s aber los!“ Endlich weiß man, wohin die Reise im Eiskanal gehen soll. Womöglich hätte man es sonst einfach etwas langsamer angehen lassen.

Und es funktioniert. Denken Sie nur an die Biathleten! Oder die Skispringer. Die sind so weit geflogen. Da muss wohl jemand ganze Zielarbeit geleistet haben. Das ist lustig. Hoffentlich kommen die anderen Nationen nicht auf die Idee. Die Russen müssten nicht mehr dopen (nur die Russen dopen). Wenn sie sich nur endlich einmal Ziele setzen würden!

Wahrscheinlich hat das Theater seinen Sinn. Der ist aber aus der Ferne nicht ganz leicht zu erkennen. Weiß jemand von Ihnen Genaueres? Aber vielleicht handelt es sich ja auch um einen Irrtum. Management by Objectives – aus Versehen in den Sport geschwappt. Wer weiß. 

Zielvorgaben haben für komplexe Umgebungen wohl kaum einen Einfluss. Das ist zumindest schwer vorstellbar. Wenn es einen Einfluss haben sollte, müsste der Wettkampf selbst so emotionslos sein, dass jeder der Athleten in seinem Hirn noch Platz hat, an irgendwelche Ziele und Medaillen zu denken. Im Wettkampfsport muss man aber an die Grenzen dessen gehen, was man leisten kann. Das machen die anderen auch. Da kann man nicht noch etwas anderes parallel hinzu denken. Stellen Sie sich das ´mal vor. 50 Meter vor der Ziellinie fällt dem drittplatzierten Italiener plötzlich ein, dass er ja eine Zielvereinbarung für Silber hat! Mamma mia!  Und schon schießt er am Norweger vorbei… 

Leistungssportler wollen siegen, weil es dazu keine Alternative gibt. Das ist das, was sie in sich haben. Das macht sie aus. Ob da jemand eine Medaille ausgeschrieben hat, oder nicht. 

Die Motivation des Sportlers ist gemäß seiner aktuellen Situation das Maximum dessen, was er erbringen kann.

Es ist egal, ob da noch jemand von außen meint, noch etwas drauflegen zu können. Das verändert die Situation des Sportlers nicht. Sie kann nicht schneller rennen nur weil jemand sagt, ich gebe dir hinterher auch einen aus, wenn du gewinnst, Laura.

Sport war schon immer hochdynamisch. Deshalb ist das Zuschauen so faszinierend. Weil er ein Kontrastprogramm ist. Da spielt die Komplexität so richtig mit. Wenn man sich auf aktuelle Zustände von Menschen einlässt, ob jemand gerade gut drauf ist oder nicht, kann man nie voraussehen, was passiert. Man kann Wetten abschließen, Ziele setzen und Belohnungen in Aussicht stellen. Aber all das schafft nie eine Situation, die klar erkennen lässt, wer als Nächstes gewinnen wird. Das ist immer offen. Nur solange das möglich bleibt, kann Sport seine Faszination erzeugen. 

Bis übernächste Woche!

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