„Assurancing“ – aus Prinzip

29. September 2023 - Ralf Hildebrandt

Liebe Leserinnen, werte Leser,

Kollegin Thiese stellt sich in der Organisation ihrer Arbeit ein bisschen ungeschickt an. Wenn Sie sie kennen würden und ihr sagen könnten, wie sie ihre Arbeit organisieren (machen) soll, weil Sie es besser wissen, dann müssen Sie das tun. Das ist billiger als ihr das selbst zu überlassen, weil Kollegin Thiese sonst Wissen erzeugen müsste, welches Sie schon haben. Jemandem zu sagen, wie er seine Arbeit am besten (und nicht irgendwie) zu tun hat, ist, wo es hinpasst, eine ökonomische Notwendigkeit. Auch wenn es sich vielleicht unangebracht oder unmodern anfühlt.

Um das Verhalten anderer Individuen in diesem Sinne zu „steuern“, ist neben vorhandenem Wissen auch Macht Voraussetzung, weil Kollegin Thiese ihre Arbeit sonst unter Umständen nicht so macht, wie sie soll. Sondern so, wie sie es für richtig hält (obwohl es das nicht ist). Eine klitzekleine Portion Misstrauen kann im Sinne des Unternehmens also kaum schaden. Schon allein deshalb, weil ihr immer wieder etwas vor die Füße fällt. Besser also, man kontrolliert Arbeitsausführung und Ergebnis und schaut an und zu einmal nach dem Rechten:

Kontrolle ist Messen im Kontext von Misstrauen.

Falls Sie Kollegin Thiese aber nicht sagen können, wie sie ihre Arbeit organisieren (machen) soll, weil Sie es erstens nicht besser wissen und dafür zweitens Frau Thieses kreatives Können (Talent) benötigt wird, welches Sie nicht haben, dann bleibt nur, sie mit dem ein oder anderen Rat (oder was sie sonst noch gebrauchen könnte) zu unterstützen – freilich nur, wenn sie danach fragt.

Um das Verhalten anderer Individuen in diesem Sinne zu „führen“ (wir unterscheiden Steuern und Führen, um damit die Funktion des Managements zu beschreiben), ist nicht Macht sondern Vertrauen unabdingbare Voraussetzung. Wenn Sie von Frau Thieses Arbeit keine Ahnung haben, ist Kontrolle nicht möglich, auch wenn Frau Thiese (noch) glaubt, Sie hätten welche.

Wenn Kontrolle nicht möglich ist, bleibt im Kontext von Vertrauen nur das „Prinzip der Zusicherung.“

Im Gegensatz zur Funktion des „Controllings“ ist das Prinzip der Zusicherung bzw. das „Assurancing“ (wenn man so will) noch keine Selbstverständlichkeit. Jedenfalls noch nicht, denn in der äußerst erfolgreichen Zeit zentraler Organisationsgestaltung kam es vor allem aufs Controlling an. „Assurancing“ bedeutet, darauf zu vertrauen, dass nur Frau Thiese die Qualität ihrer Arbeit „misst“ (oder besser: beurteilt) und Sie sich darauf verlassen (müssen).

Das ist natürlich ein Risiko, aber kein Problem. Das zum Assurancing gehörige Risiko benötigt und schafft Vertrauen, wenn sich Frau Thieses Zuverlässigkeit immer wieder bestätigt.

Bis übernächste Woche!

 

 

 

 

 

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