Die temporär modifizierte Linie – eine dynamikempfindliche Projektstruktur

13. April 2016 - Ralf Hildebrandt

Die Prozesse einer Linienorganisation sind spezialisiert für wiederkehrende Aufgaben. Für seltene oder einmalige Aufgaben oder gar Dynamik ist dieser Organisationstyp nicht geeignet. Deswegen benutzen fast alle großen Organisationen in diesem Fall temporäre Erweiterungen ihrer Linie und nennen diese Struktur „Projekte“. Diese „Temporär modifizierte Linie“ (TmL) ist erfolgreich, solange die Dynamik so niedrig ist, dass genügend Spielraum bleibt, um den Mehraufwand für die Erweiterung zu leisten.

Denkzettel_15

Die Projektmitglieder arbeiten in zwei Strukturen gleichzeitig (Doppelmanagement). Bei hoher Last verliert diese Form der Organisation die Orientierung, sie „verblödet“.

Doch die Dynamik ist heute hoch. Die die klassische Linienorganisation meist überlastet. Der Spielraum fehlt. Jetzt wächst das Risiko für sogenannte Projekt-Havarien.
Der Grund: Die TmL-Projekte werden aus der gegebenen Linie besetzt. Die Arbeitszeit der ausgewählten Mitarbeiter wird prozentual auf Projekt und Linie aufgeteilt. Der aufgeteilte Mitarbeiter hat nun zwei Vorgesetzte, den der Linie und seinen Projektleiter.

Überlastete Organisation bedeutet, dass es mehr Aufgaben gibt, als bearbeitet werden können. Nur Wichtiges kann bearbeitet werden. Unwichtiges muss weggelassen werden.

Von den beiden Vorgesetzten wird eine abgestimmte Unterscheidung erwartet. Bei Überlastung leidet auch die Kommunikation. Manchmal hört sie ganz auf. Irgendwann können sich die beiden Vorgesetzten nicht mehr harmonisieren. Wenn sich ihre Anweisungen schließlich widersprechen, sind die Mitarbeiter gezwungen, auf Basis ihrer eigenen Übersicht Prioritäten zu setzen. Selbst wenn dies mit hoher Kompetenz und Verantwortung geschieht, passen die Entscheidungen der Mitarbeiter nur noch zufällig zusammen, oft widersprechen sie sich.

Auch bei bester Absicht entsteht unter diesen Bedingungen Chaos. Das Ergebnis sind Frust und Resignation. Das reduziert die Leistung und steigert die Überlastung weiter. Wir sagen dazu: Die Organisation „verblödet“ (nicht die Mitarbeiter).

Höchstleister benutzen bei hoher Dynamik eine Arbeitsteilung zwischen Linie und Projekt. Das Projekt ist eine kleine Sonderorganisation neben der Linie. Es bearbeitet nur die dynamischen Anteile. Die Linie beschränkt sich auf die Routine und liefert diese zu. (Als PDF zum Download finden Sie alle Denkzettel auf unserer Ressourcen-Seite – dieser hat die #15).

Bis nächste Woche!

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Bildnachweis: dynamikrobust.com

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