Eine Lanze für Prozessarbeit

Werte Leserinnen, liebe Leser, 

bei übermäßigem Genuss agiler Organisationsstrukturen kann leicht übersehen werden, dass sich stets gleich wiederholende Arbeitsabläufe auch bei den innovativsten Berufen zum Alltag gehören – aus gutem Grund:

• Prozesse sorgen zum einen dafür, dass die zwei bis zweieinhalb kreativen Stunden, die einem durchschnittlich begabtem Individuum pro Tag netto zur Verfügung stehen, nicht für Arbeiten verschwendet werden, die keine Kreativität benötigen. 
• Und zum anderen haben Lösungsgedächtnisse in Prozessform den großen Vorteil, dass sie unempfindlich gegenüber den Charakteren (den Talenten, ihrem Können) derer sind, die sie bedienen oder benutzen.

Selbstverständlich können auch mehr oder weniger prozessophob eingestellte, hochkreative Charaktere von Prozessen profitieren, vielleicht sogar vor allem:

• Denn oft genug schaffen erst Prozesse die Freiheit, welche Innovation ermöglicht.
• Und schließlich läuft ein Prozess auch dann, wenn man einmal einen schlechten Tag hat, einen mit null kreativer Inspiration.

Statt an so einem Tag dann gar nichts mehr auf die Kette zu kriegen, kann man sich auf Basis der Intelligenz, die jemand einmal in den Arbeitsablauf gesteckt hat, durch den Tag ziehen lassen.

Wenn die Kreativdirektorin einer Werbeagentur oder der ingeniöse Kopf eines Softwareentwicklerteams sich an einem solchen Tag also sinnvollerweise dazu entschließen, der fröhlichen Sachbearbeitung zu frönen, um beispielsweise mit den Belegen der Reisekosten das Buchhaltungsprogramm zu füttern, dann macht sie die Tätigkeit entlang prozessualer Vorgaben nicht zum Roboter. Das ist dann einfach nur vernünftig.

Und wer weiß, vielleicht gehen sie danach sogar gut gelaunt nach Hause, weil sie heute doch noch etwas hinbekommen haben. 

Bis übernächste Woche!