Fleißig sein

Liebe Leserinnen, werte Leser,

der Beitrag vor vierzehn Tagen sollte daran erinnern, dass das Finden einer (eigenen) Idee ein unvermeidlich schmerzhafter Prozess ist. Weil „Ideen haben“ zwar toll ist, eine zu bekommen aber notwendigerweise eine Krise im Denken erfordert.

Wenn man sich dessen nicht bewusst ist, und (deshalb) die Angst besteht, dass einem nichts einfallen könnte, läuft man Gefahr, die Ideensuche mitsamt Krise outzusourcen. Man setzt sich mit hilfreichen Kollegen zusammen, um gemeinsam auf eine Idee zu kommen (welche natürlich keine eigene sein kann):

Der Versuch das anstrengende Finden einer eigenen Idee an eine Mehrheit zu delegieren, erzeugt einen „destruktiven Schutzraum“.

Man „schützt“ sich vor einer schmerzhaften Denkkrise, schadet sich damit aber selbst. Und weil man nicht irgendwelche, sondern hilfreiche Kollegen um Unterstützung gebeten hat, hängen sich im Meeting alle mächtig rein und innerhalb kürzester Zeit steht man vor einer Wand voller Post-Its – man war so richtig fleißig!

Unbemerkt hat man damit den Schutzraum nur verstärkt. Denn Fleiß ist nur als Mittel zur Umsetzung von Ideen konstruktiv.

Wenn man schon fleißig ist, bevor man eine Idee hatte, wirkt Fleiß destruktiv.

Fleißig sein (vor einer Idee) macht unsichtbar, dass man keine Idee hat. Man sitzt da, ist frustriert und denkt sich „verflixt nochmal, was mache ich denn jetzt?“ Und schon wird man fleißig und trommelt die Kollegen zusammen, um vom durch die Denkkrise ausgelösten Frust nicht mehr belästigt zu werden. Wenn man (schon) eine Idee hätte, wäre Fleiß konstruktiv. Man würde – gegebenenfalls unterstützt von Kollegen – bezogen auf die Idee fleißig werden. Auf die Idee ersatzweise (für eine Idee) fleißig zu werden, käme man gar nicht.

Bis übernächste Woche!