Grenzenlose Dummheit

20. Januar 2023 - Ralf Hildebrandt

Liebe Leserinnen, werte Leser,

hin und wieder kommt es vor, dass es intelligenten Menschen nicht gelingt, unterschiedliche Kompetenzen zusammenzulegen, obwohl das nützlich wäre. Stattdessen bleibt man irgendwo in der Diskussion stecken und man kommt nicht weiter. Dabei geht es doch um eine wichtige Sache. Man streitet sich vielleicht darum, wie und wann ein neues Produkt einzuführen ist, ob man auf eine moderne Produktionsplattform wechseln sollte, oder ob es Sinn macht, einen Kurs zur Gestaltung von Unternehmenswerten zu besuchen. Man weiß nicht, was richtig oder falsch ist, weil Wissen fehlt.

Wissen ist kommunikative Setzung über das, was der Fall ist.

 Nur dort, wo es gesetzt ist, gilt Wissen als Wissen. Wenn die einen es so, die anderen es aber anders sehen, gibt es zumindest bezogen auf diese eine Sache kein gemeinsames Wissen, sondern nur unterschiedliche Meinungen. Wobei natürlich jede Seite der Meinung ist, bei ihrer (Meinung) handele es sich um Wissen. Der Meinung kann man sein, und je überzeugter man davon ist, dass es sich dabei um Wissen handele, umso sturköpfiger scheinen dann die anderen – und das ist eine Falle:

Wenn die einzige Erklärung für eine verfahrene Situation die Sturköpfigkeit der anderen ist, manövriert man sich in eine Sackgasse.

Natürlich nur, wenn man es nicht mit grenzen-loser Dummheit zu tun hat. Wenn die Dummheit Grenzen hat, und auf der anderen Seite wenigstens ein bisschen Intelligenz vorhanden ist, muss an der Erklärung, dass es wegen der Sturköpfe nicht weitergeht, etwas falsch sein. Wenn man in Summe dümmer wird, obwohl doch eigentlich mehr Intelligenz zur Verfügung stehen sollte, kann die Dummheit der anderen nicht die Erklärung sein, warum man zusammen nicht weiterkommt. Die Frage, die zur Lösung führt, lautet:

Wo ist der Strukturfehler? 

Wenn das Problem nicht Wissensmangel ist (bzw. Dummheit), ist Strukturmangel das Problem. Das gilt praktisch immer. Die Menschen selbst sind ja intelligent – wie gesagt. Nur eben verschiedener Meinung.

Die Struktur, die fruchtlose Diskussionen und Schuldzuweisungen beendet, ist das Experiment. 

Allein durch reden (ausdiskutieren, ausreden lassen) lässt sich intelligente Vielfalt nicht integrieren – im Gegenteil. Intelligenz führt dazu, dass immer noch ein Argument auftaucht. Die Diskussion nimmt kein Ende, gerade weil die Leute so intelligent sind. Ihnen fällt einfach immer noch etwas ein, was man noch dazu sagen könnte. Es entsteht ein Intelligenzwirbel, die Intelligenz des Unternehmens beschäftigt sich mit sich selbst. Jede Intelligenz findet eine Gegenintelligenz und neutralisiert sich dadurch. In der Summe hat man dann den Eindruck, man hätte es mit einer ganzen Menge dummer Leute zu tun, dabei fehlt nur die Struktur, die diese Intelligenz integrieren könnte.

Irgendwann, manchmal erst nach Wochen oder Monaten, werden die Diskussionen dann beendet, weil jemand eingreift und ans Machen erinnert: „Wir probieren das jetzt mal aus, auch wenn es noch fünf bis sechs Gegenargumente gibt.“ Und dann macht man mal und wenn man gemacht hat, redet man wieder miteinander. Aber erst hinterher, wenn alle durch (gemachte) Erfahrung klüger geworden sind, nicht vorher. Vorher muss erst einmal eine Erfahrung gemacht werden, bevor man darüber reden kann.

Und wenn es grandios schiefgeht, das Experiment? Dann geht es eben schief, kostet eine Menge Geld und Körner. Aber immerhin riecht es dann schon einmal nach Innovation. Wenn sie erst einmal da ist, findet sie jeder prima. Da gibt es keine Diskussion. Der Weg dorthin führt über das Experiment.  

Bis übernächste Woche!

 

 

 

 

 

 

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