„Sie sind alle so dumm…

7. Juli 2022 - Ralf Hildebrandt

… und ich bin ihr Chef (schluchz).“

Das ist (interessanterweise) eines der meistgesuchten Zitate der Asterix-Comics. Vielleicht kennen Sie es auch, liebe Leserinnen, werte Leser.

Gesagt hat es nicht, wie oft vermutet, Majestix, der Häuptling der kleinen gallischen Dynamikinsel. Gesagt hat es ein General der römischen Streitkräfte im Band „Asterix und die Goten“. Als Kommandant verzweifelt er am Unvermögen seiner Legionäre, die in seinem Lager ein Chaos auslösen, anstatt die Goten zu bekämpfen. 

Die Feststellung, dass alle so dumm sind und er selbst deren Chef, beschreibt den Kollaps der kausalen Kopplung vom Typ „Befehl-Gehorsam“ zwischen Führung und Geführten. Die Kopplung bricht zusammen, weil der General gegen die überraschend agil kämpfenden Goten keine passenden Anweisungen in petto hat bzw. haben kann (sonst wäre er nicht überrascht). Dass sich Asterix und Obelix als römische Legionäre verkleiden, sorgt da nur für zusätzliche Dynamik. Wenn vom General keine Kampfbefehle mehr kommen (kommen können), müssten sich die Legionäre selbst etwas einfallen lassen. Zu dumm wären sie dafür nicht. Sie sind es nach jahrelang erfolgreichem Gehorsam nur einfach nicht mehr gewohnt, eigene Ideen zu haben. 

Kausale Kopplung von Führung und Geführten gibt es auch in Unternehmen, da heißt sie „Anweisung-Ausführung“. Im aktuellen Wirrwarr hybrider Arbeitsmodelle voller „Purpose“ ist der tayloristische Kopplungs-Klassiker ziemlich unter die Räder gekommen, mancherorts sogar Tabu – wer wollte einer Generation Z (oder war’s Y?) schon vorschreiben, was sie zu tun hätte. Angewiesen und ausgeführt wird natürlich trotzdem, weil der Kopplungstyp weder von gestern noch unmenschlich ist, sondern einfach nur die Wiederverwendung von zentralisiertem Wissen. Und die ist, solange es der „Executive“ Offizier besser als seine Legionäre wissen kann, unschlagbar günstig und effektiv. Kann es die Führung (bei zunehmender Dynamik) jedoch nicht mehr besser wissen, steht der Klassiker im Weg herum:

Je höher die notwendige Kreativität einer Organisation, umso störender wirkt die kausale Kopplung von Führung und Geführten.

In Unternehmen wäre längst Chaos ausgebrochen (nicht alles, was so genannt wird, ist auch welches), wenn Anweisung-Ausführung nicht schleichend durch die weit weniger bekannte und meist informale Form der „strukturellen“ Kopplung ergänzt bzw. ersetzt worden wäre. Führung und Geführte handeln sich diese neue Form der Kopplung ein, weil sie unter hoher Dynamik gleichzeitig entscheiden und handeln müssen. Beide geraten in ein konstruktiv widerständiges Verhältnis und sind füreinander Lernumgebung. Führung und Geführte teilen sich den gemeinsamen „Lebensraum“ Unternehmen, ohne sich gegenseitig kausal beeinflussen zu können. Sie sind auf diese Weise ko-evolutiv gekoppelt und haben damit immer die gleiche Qualität. Das heißt:

Es gibt keine leistungsfähige Belegschaft und eine unfähige Führung oder umgekehrt, 

Führungsschwäche ist daher immer auch Schwäche der Geführten (schluchz).

Bis übernächste Woche!

 

 

 

 

 

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