Versuchung Kunde
20. September 2024 - Ralf Hildebrandt
Werte Leserinnen, liebe Leser,
ist es sinnvoll, sich nach den Wünschen seiner Kunden zu richten? Oder sich an dem zu orientieren, was Kunden sagen, tun oder lassen? Was meinen Sie?
Vielleicht meinen Sie, irgendwie wäre das schon sinnvoll. Schließlich kann man an dem, was Kunden gerne hätten, und folglich wohl auch kaufen (würden), nicht vorbei arbeiten. Vielleicht meinen Sie aber auch, dass man sich letztlich aber wohl doch nicht an seinen Kunden orientieren kann. Denn woher sollen die auch wissen, was fürs eigene Unternehmen sinnvoll ist. Das stimmt, zumindest Letzteres sehen wir genauso und unterscheiden (deshalb) Kunden- und Marktorientierung:
Kundenorientierung ist ein Märchen,
Marktorientierung eine Notwendigkeit.
Zuerst zum Märchen.
Kunden wissen sehr genau, was sie gut gebrauchen können und wenn man sie danach fragt, dann äußern sie das auch. Dem nachzugehen ist immer eine Versuchung:
- Denn einerseits ist es verhältnismäßig einfach, die Mitteilung eines Kunden („ich hätte gern“) als Referenz und Anlass fürs eigene Handeln zu nehmen. Viel nachzudenken gibt’s da nicht, und obendrein nimmt einem der Kundenwunsch auch noch die Entscheidung ab, was man für eine erfolgreiche Entwicklung des eigenen Unternehmens tun oder besser lassen sollte.
- Und andererseits fühlt sich Kundenorientierung auch richtig an. Man möchte seine Kunden schließlich zufriedenstellen, besonders wenn es sich dabei um gute Kunden handelt. Man hat Kunden viel zu verdanken, nicht zuletzt bezahlen sie den Aufwand, den man selbst betreibt.
Sich statt an einen seinen Kunden hingegen an einem oder seinem Markt zu orientieren, also diesem sich widerständig koppelnden Mit- und Gegeneinander von Kunden und Konkurrenten, ist um Größenordnungen schwieriger, genaugenommen komplex. Der Markt organisiert sich selbst, manchmal reagiert er so, wie man das gerne hätte, manchmal nicht. Er hat weder irgendwelche Wünsche noch man kann sich mit ihm darüber unterhalten, was man am besten tun oder lassen sollte. Sich in einem Markt zurechtzufinden ist eine Versuchung ganz anderer Art und erfordert Mut (unternehmerisches Geschick) und hohe Kompetenz:
- Erstens muss man eine sehr genaue Kenntnis von Konkurrenten und Kunden haben (wozu natürlich auch deren Wünsche gehören),
- zweitens muss man ahnen können (gemeint ist das Gefühl eines Vermarktungstalents) auf welche Art und Weise sich das im eigene Haus verfügbare Wissen und Können in Form eines möglichen neuen Angebotes mit möglichen Bedarfen im Markt so in Resonanz bringen lässt,
- dass dabei drittens über kurz oder lang ein konkurrenzfähiger Gewinn abfällt, mit dem es sich in eben diesem Markt mindestens überleben lässt.
Kurzum:
Die Entwicklung seines Unternehmens an Kunden auszurichten ist zwar verständlich, aber trotzdem brandgefährlich, denn Kunden sind nicht der Markt.
Die Beurteilung ob das, was ein Kunde wünscht auch fürs eigene Unternehmen nützlich ist, kann und darf man nicht seinen Kunden überlassen – auch wenn die Versuchung noch so groß ist.
Bis übernächste Woche!
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