Zusammensitzen

23. August 2019 - Ralf Hildebrandt

„Lassen Sie uns dazu (wählen Sie ein Thema) doch ´mal zusammensitzen, liebe Leserin, werter Leser.“ 

Gleich schicke ich Ihnen eine Einladung per Outlook (keine Sorge – das hier ist nur eine Simulation). Im Betreff finden Sie das Thema von oben. Vielleicht. Womöglich habe ich aber einfach nur „Meet-up mit (Ihr Vorname)“ in den Betreff getippt. Schließlich kennen wir uns schon lange. Meine Hemmschwelle, Sie anzupingen, ist ziemlich niedrig. Und der Aufwand dafür noch niedriger. Zwei Klicks. Und Ihre Mailadresse wird nach Eingabe von drei Zeichen automatisch ergänzt. Das geht ganz fix.

Im Meeting wird sich schon herausstellen, was genau ich wollte. Denn eigentlich habe ich mir zum Thema (in Klammern) noch gar keine Gedanken gemacht. Vielleicht habe ich auch keine Lust dazu, eine Entscheidung zu treffen. Keine Ahnung. Was weiß ich. Ich denk´ mir, mit etwas Glück schnappen Sie ein Stück meiner Beliebigkeit und wandeln sie in Aktivität. 

Hilflos, wie ich bin. Hilfsbereit, wie Sie sind.

Ende der Simulation.

Es ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn man sich unter Freunden hilft oder im Halbdunkel selbst um Beistand fleht. Natürlich nicht. Es gibt Situationen, die so verworren sind, dass man noch nicht einmal weiß, was man wollen könnte.

Und es ist auch nichts dagegen einzuwenden, sich Platz für solche Hilferufe zu lassen und die Zusammenkünfte außerhalb der wenigen Notfälle (auch gerade deshalb), als Arbeitswerkzeuge in gutem Zustand zu halten.

Wenn nicht einfach Zeit von der Uhr (eines hilfsbereiten Menschen) genommen werden soll, gehört zur Vorbereitung einer Sitzung mehr als der Klick auf „Neuer Termin“.

Die Qualität einer Sitzung ist die Qualität ihrer Vorbereitung.

Vorbereitung heißt (u.a.), dass alles, was vor Beginn der Sitzung zu zweit oder in kleinen Gruppen besprochen werden kann, besprochen sein muss. Nur der Rest, für den alle Teilnehmer anwesend sein müssen, darf ins Meeting.

Das ist ein großer Aufwand und passt oft erst einmal nicht zur bestehenden Klick-Kultur. Wenn man in dieser Richtung aber auch nur etwas vorankommt, geht die Zahl der Meetings zurück, deren Nutzen steigt und der Aufwand insgesamt wird geringer (deutlich!).

Bis übernächste Woche!

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