Be-Arbeiten oder Er-Arbeiten?

26. Juli 2018 - Ralf Hildebrandt

„Setzen wir uns doch zusammen, um das Konzept zu erarbeiten. Wer muss dabei sein? Na, die Kollegen aus der Solutions-Division und die von der Entwicklung. Zumindest die beiden Chefs. Und die Leitung der Produktion! Frau Riemenschneider. Ja klar, unbedingt. Und der Stab – Frau Heilmann. Ganz sicher. Ok – sind schon zwölf. Fehlt noch wer? HR? Oder der Kugler vom Betriebsrat? Sollten wir auch frühzeitig einbinden, stimmt…“ 

Natürlich kann man zusammen etwas er-arbeiten, werte Leserinnen und Leser. 

Nur braucht man dazu ein Team. Also eine Gruppe von Menschen, die ein Problem teilt. Im Sozialsystem „Team“ kann man die Lösung eines gemeinsamen Problems erarbeiten. Wenn man aber jeden vorsorglich einlädt, der Wind von einer Maßnahmen bekommen könnte (und sich dann evtl. beschwert, nichts davon gewusst zu haben), kann man nichts mehr erarbeiten. Weil es keine Teams gibt, die 12 Mitglieder haben. 

Denn Teams sind extrem auf diese unmittelbare Kommunikation unter Anwesenden angewiesen. Auch auf das, was die Körpersprache mitteilt. Man muss den anderen sehen, wenn er ein Gegenargument parat hat. Rastet er gleich aus, oder geht noch ein bisschen? Hat die Projektleiterin eine Idee wirklich verstanden, oder ist sie nur müde und nickt deshalb zustimmend? Dann kommt man besser am nächsten Tag noch einmal vorbei, um die Idee zu prüfen. Auf solche kommunikativen Möglichkeiten ist ein Team angewiesen. 

Zusammen erarbeiten heißt, dass die gesamte Person, auch in ihrer Körperlichkeit (Intuition, Gefühle), zur Verfügung steht. Nicht nur mit dem Verstand. Man muss den anderen, mit dem man da redet, sehr genau kennen. Können wir zusammen noch eine Schippe drauflegen? Oder fühlen wir uns gerade nicht so mutig und beantragen das Extra-Budget lieber nächste Woche? Sich so zu kennen, ist bei einer größeren Gruppe völlig unmöglich. Wenn im Sozialsystem „Gruppe“ einer redet, müssen die anderen still sein. Wenn das nicht der Fall ist, funktioniert die Kommunikation nicht mehr. Im Team ist das nicht nötig, da braucht man keine Rednerliste und Redezeiten. Genaugenommen braucht man noch nicht einmal eine bestimmte Sitzanordnung. Es müssen eben alle da sein. Holt man sich eben fix noch einen Stuhl. Ob man sich hinsetzt oder einfach dazulegt, ist nicht so wichtig (Sie wissen, was gemeint ist).

Andererseits kann man einer Gruppe von Menschen auch etwas vorstellen, was man erarbeitet hat (selbst oder im Team): „Schaut her, ich habe was geschafft und stelle meine Arbeit zur Verfügung. Jeder möge sich im Rahmen seiner Kompetenz bitte damit befassen. Und wenn jemand der Meinung ist, etwas beitragen zu müssen, ist es seine Pflicht, genau das zu tun.“ Dass Mitarbeiter ihre Meinung mitteilen, ist kein Recht, sondern eine Pflicht. Denn es geht um die Qualitätssteigerung dessen, was jemand anderes (im Team oder solo) erarbeitet hat. Jemand hat die maximale Qualität erzeugt, derer man fähig war und jetzt geht es darum, die Kompetenz vieler einzubringen und für das Gesamte nützlich zu machen. 

Das heißt aber auch immer, dass man noch einmal daran machen muss. Und zwar jetzt mit den Anregungen, die von anderen gekommen sind. Denn andere können das Erarbeitete nicht verbessern. Das müssten die Autoren (der Autor) schon selbst be-arbeiten.

Bis übernächste Woche!

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