Eingeschränkte Freiheiten

Liebe Leserinnen, werte Leser,

besonders bei jungen Unternehmen sind Hierarchien nicht besonders populär. Manche scheinen regelrecht „hierarchophob“. Man weiß zwar, dass es ganz ohne Hierarchie auch nicht geht und irgendjemand Chefin sein muss, schon aus juristischen Gründen. Was aber dominiert ist die Überzeugung (ein starkes Gefühl), dass eine Hierarchie in einem modernen Unternehmen des 21. Jahrhunderts nichts zu suchen hat, weil sie Kreativität und individuellen Gestaltungsspielraum einschränkt.

An der Vorstellung einer Monohierarchie mit einer Chefin wird deshalb auch dann noch festgehalten wenn das Unternehmen Größenordnungen erreicht hat, für welche eine gut sichtbar herausgearbeitete Hierarchiestruktur längst nützlich wäre (um Entscheidungen so schnell zu treffen, wie sie notwendig sind). Stattdessen bleibt man bei der irrigen Auffassung, eine moderne Organisation müsse in unabhängigen, selbstorganisierten Teams (Zellen) strukturiert werden.

Nicht zuletzt, damit freiheitsliebende Millenials und Zoomers nicht stiften gehen.

Entgegen aller Überzeugungen entwickeln Organisationen aber natürlich trotzdem Hierarchien (was man vor sich selbst so gut es geht verheimlicht), weil sie gebraucht werden. Wenn eine Organisation die Gestaltungsversuche in Richtung autonomer (selbstbestimmter) Einheiten tatsächlich ernst nehmen würde, würde sie sich selbst infrage stellen und irgendwann auflösen: 

Organisationen leben davon, individuelle Freiheiten (Autonomie) einzuschränken, sonst wären sie keine.

Oder anders:

Nur weil Organisationen individuelle Autonomie einschränken, ist es möglich an etwas zu arbeiten, was man allein nie hinbekommen würde – und dabei seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Bis übernächste Woche!