Folienproduktion für die Tonne

5. März 2021 - Ralf Hildebrandt

Liebe Leserinnen, werte Leser, 

es kommt vor, dass für bestimmte Vorhaben unter großer Anstrengung dutzendweise (PowerPoint)-Folien produziert werden. Je dicker der Stapel, umso mehr Arbeit steckt drin. Unter geringer Dynamik waren (sind) solche Folienstapel ein Zeichen sorgfältiger Planung. Je dicker der Stapel, umso bedeutender das Vorhaben.

Unter der hohen Dynamik komplexer Märkte kann eine Organisation nicht mehr warten, bis der nächste Stapel fertiggestellt ist. Für die benötigte Veränderung muss sie die notwendigen Strukturen selbst erzeugen, sonst ist der Kunde weg. Deshalb entstehen hinter den formalen Prozessen, die man in den Stapeln finden kann, spontane, inoffizielle Projektstrukturen (Dynamik-Inseln, wie sie hier bisweilen genannt werden). 

Natürlich bleiben die Stapel als bewährtes Kulturelement und Zeichen anstrengender Arbeit weiterhin erhalten. Wenn nach viel struktureller Aufräumarbeit ein solcher Stapel entstanden ist, muss er ganz einfach den Anschein erwecken, er könne etwas bewirken – so umfangreich wie er geworden ist! 

Warum also „für die Tonne“?

Als „Tonnenideologie“ wurde im Sozialismus abwertend eine Produktionsplanung bezeichnet, die ausschließlich einfache, summierbare Größen vorgibt, ohne dass Nachfrage, Nutzen oder Qualität eine Rolle gespielt hätten. 

Tief versunken in einen Folieneditor kann manchmal der Eindruck entstehen, man hätte einem Unternehmen schon genutzt, wenn der Stapel seine Sollhöhe erreicht hat. 

Bis übernächste Woche!

 

 

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