Frei von Schuld

3. März 2023 - Ralf Hildebrandt

Liebe Leserinnen, werte Leser, 

die Erkenntnis, dass kommunikative Systeme im Allgemeinen, und Organisationen im Besonderen, hinter dem Rücken ihrer menschlichen Träger operieren (und nicht etwa aus ihnen bestehen), kann in vielerlei Hinsicht befreiend sein. Beispielsweise muss man sich dann nicht mehr fragen, wieso es in Unternehmen (Organisationen der Wirtschaft) immer wieder vorkommt, dass sich Menschen bekriegen.

Denn eigentlich weiß jeder, dass destruktive (!) Streitereien letztlich niemanden weiterbringen. Es handelt sich um ein bekannt unvernünftiges Verhalten, darüber besteht breiter Konsens. Und obwohl man das eigentlich weiß, kommen Konflikte trotz dem Wissen der daran Beteiligten immer wieder vor. Sie gehören zum Zähesten, was man sich einhandeln kann.

Wenn man Konflikte loswerden will und dabei davon ausgeht, dass Unternehmen (und die Konflikte, die ihre Strukturen immer einmal wieder hervorbringen) aus Menschen bestehen, bleibt als Erklärung für unvernünftiges Verhalten nur die Schuld der anderen. Die Beschreibung des Problems beschränkt sich auf moralische Anklage – wir sind die Guten (oder ich), und die anderen (oder die andere) sind nicht, wie sie sein sollten. Das ist die denkbar schlechteste Denkgrundlage, um einen Konflikt beizulegen. Denn mit der Idee „der anderen“ bzw. deren Fehlverhalten hatte schließlich alles erst begonnen.

Moral (Schuld) kann nur dann Probleme lösen, wenn sie von Schuldigen verursacht worden sind. Das kommt vor. In den allermeisten Fällen sind aber nicht irgendwelche Menschen das Problem, sondern die Strukturen, die sie sich eingehandelt haben.

Wenn dann aus alter Gewohnheit immer noch mit dem Denken aufgehört wird, sobald man die anderen für schuldig befunden hat, bleiben Konflikte unlösbar.

Bis übernächste Woche! 

 

 

 

 

 

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