Kommunikation – trivial oder komplex?
18. August 2023 - Ralf Hildebrandt
Liebe Leserinnen, werte Leser,
um ein Unternehmen an Märkte geringer Dynamik anzupassen, braucht es kluge Macher (Change-Experten). Während sich die Planung künftiger Organisationsstrukturen durchaus kompliziert ausnimmt, kann die für deren Umsetzung benötigte Kommunikation trivial ausfallen. Wichtig sind vor allem Disziplin und Gehorsam – was vielleicht nach vorgestern klingt, bei gegebener Planbarkeit aber ebenso notwendig wie vernünftig ist.
Steigt die Dynamik an, liegen die Dinge anders. Die Marktumgebung kann sich dann schneller ändern, als dies wahrgenommen und kommuniziert werden kann. Jetzt muss sich auch der Kommunikationstyp ändern, wenn Kommunikation weiterhin funktionieren soll. Je nach Situation muss also unterschieden werden:
- Unter geringer Dynamik ist Kommunikation trivial – sie nutzt Wissen. Auf Talent und Ideen muss verzichtet werden.
- Unter hoher Dynamik ist Kommunikation komplex – sie muss Wissen (Erkenntnis) erst erzeugen.
Wichtig ist, die beiden Typen moralfrei zu unterscheiden. Der triviale Typ ist von seiner Qualität her nicht besser oder schlechter als der komplexe. Oder anders: Kommunikation hat immer dann hohe Qualität, wenn sie (zur Umgebung) passt. Menschen finden sich mit beiden Typen zurecht. Ein Beispiel aus meinem früheren (Piloten)Leben:
Auf einem Flug, auf dem es eben noch kommod zuging und nun aber plötzlich ein Triebwerk stottert, kann man die beiden Kommunikationstypen gut beobachten. Werfen Sie dafür einmal einen Blick ins Cockpit. Routinemäßige Arbeiten wickelt die Crew mit hoher Disziplin über eingespielte, sogenannte „Standards“ mit anschließender Kontrolle über Checklisten ab. Die Kommunikation ist methodisiert. Für Plaudereien ist im Sinne der Sicherheit kein Platz. Triviale Kommunikation muss Plaudereien ausschließen, um zu funktionieren. Sonst kann es lebensgefährlich werden – in der Fertigung nicht unbedingt, in der Fliegerei schon. Ein Pilot kann in seiner Freizeit Philosoph sein, im Cockpit nicht. Wenn dort etwas gesagt wird, muss klar sein, was damit gemeint ist.
Kurzum: Standards und Checklisten sind für Kompliziertes. Sie nutzen Wissen, damit eine Maschine unter normalen Umständen bedient werden kann. Der dazu passende Kommunikationstyp ist die Kommandosprache. Die ist nicht geschaffen worden, weil sie auch für Doofe funktionieren muss. Sie ist so streng geregelt, weil keine Missverständnisse aufkommen dürfen. Sogar die Antworten, die sich ergeben können, sind festgelegt. Kommandosprache ist zwar trivial, muss aber lange entwickelt werden, bevor sie richtig funktioniert.
Und dann gibt es in der Fliegerei auch noch die überraschenden Situationen. Selten zwar, aber sie kommen vor. Piloten müssen dann umschalten können, um das neue Problem außerhalb der Routine zu lösen. Dabei ändert sich der Kommunikationstyp (den sich beide durch das Problem einhandeln) – jetzt sind Ideen gefragt. Aus dem Kapitän, der eben noch Abteilungsleiter war (wenn man so will), wird unter Dynamik der Erkenntnisknoten, bei dem alle Ideen von Copilot(en), Kabinenchef, den Technikern der Airline und der Flugsicherung zusammenlaufen. Um dann in gegebener Zeit die bestmögliche Entscheidung treffen zu können, wie mit dem Problem umzugehen ist. Ist es beseitigt setzt sich der Flug wieder „normal“ fort. Kommunikation genügt dann wieder Kommandosprache.
Bis übernächste Woche!
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