Leistungsgerechtigkeit
28. März 2025 - Ralf Hildebrandt
Liebe Leserinnen, werte Leser,
solange man gemeinsam am Markt erfolgreich ist, ist Gerechtigkeit in Unternehmen kaum ein Thema. Wenn man es nicht mehr ist, dann vielleicht schon. Denn wenn die Ursachen des fehlenden Markterfolgs unverstanden bleiben (gestiegene Dynamik zum Beispiel), kann leicht Misstrauen entstehen, und statt sich ums Geschäft und die Probleme seiner Kunden zu kümmern, wendet sich der Blick dann nach innen und man sucht nach Schuldigen. Man vermutet dann zum Beispiel, dass die anderen nicht richtig oder zu wenig arbeiten und dafür auch noch besser bezahlt werden – kein Wunder läuft es nicht. Direkt will man das natürlich niemandem vorwerfen, so genau weiß man es ja auch nicht, aber ungerecht behandelt fühlt man sich schon. Und man merkt, dass man mit dem Gefühl nicht alleine ist. Anderen geht das auch so, die Vermutungen werden zur Gewissheit, und irgendwann werden die bestehenden Ungerechtigkeiten zum Kommunikationsgegenstand.
Viele gerechter wäre es, wenn man sich seine Arbeitszeit selbst einteilen könnte und die (Arbeitszeit) dann auch leistungsgerecht bezahlt wird. Der Ansatz klingt vernünftig, auch fürs Management, schließlich machen das auch andere Unternehmen so, und deren Erfolgsgeschichten lesen sich überzeugend. Also man macht man sich ans Herstellen von Gerechtigkeit und startet einen Versuch, um flexible Arbeitszeiten einzuführen. Und damit bei work-life-balance-mäßiger Arbeitszeitgestaltung auch Transparenz über den individuellen Beitrag zum großen Ganzen herrscht (Transparenz wird nur gefordert, wo man sich nicht vertraut), wird die gearbeitete Zeit gemessen. So kann sich jeder selbst vergewissern, dass die Arbeit gerecht organisiert ist.
Der Versuch, einem Mangel an Vertrauen durch die Organisation gerechter Arbeitsbedingungen beikommen zu wollen, scheitert allerdings immer.
Denn im Gegensatz zur Alltagsmeinung ist Gerechtigkeit kein objektiver Tatbestand, der formal gestaltet und gemessen werden könnte, sondern ein subjektives Gefühl.
Verlorenes Vertrauen lässt sich so nicht wieder herstellen, schon gar nicht wird der Markt die Bemühungen um Gerechtigkeit mit Erfolg belohnen. Im Gegenteil, wertvolle Ressourcen werden verschwendet, denn Mitarbeiter werden durch Zeiterfassung in den Status von Lieferanten versetzt. (Nur) bei Lieferanten wird die Leistung gemessen und leistungsgerecht bezahlt. Mitarbeiter sind aber keine Lieferanten, werden sich aber so verhalten, wenn sie so behandelt werden. Sie erbringen ihre Leistung dann nicht mehr, weil die für Mit-arbeit gebraucht, sondern weil sie verrechnet wird. Verrechneter Leistungsaustausch ist innerhalb von Unternehmen Verschwendung, die den Ertrag reduziert.
Ganz schön ungerecht.
Bis übernächste Woche!
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