Radl-Management

17. Februar 2017 - Ralf Hildebrandt

Feiert „Wissensmanagement“ im Zuge von Digitalisierung und Industrie 4.0 eine Auferstehung?

Gestern habe ich eine Diskussion darüber im ICE (Ruhezone, versteht sich) vernehmen dürfen. Inklusive Firmenname und Abteilung. Weghören war unmöglich. Und kürzlich in einer Denkwerkstatt kam die Frage auf, ob Knowledge-Management die falsche Idee ist. Es wäre gerade in der Diskussion. Man begab sich auf die Suche, wo der Hund begraben sein könnte.

Die Antwort ist einfach – erinnert man sich an die vielleicht grundlegendste Unterscheidung. Allerdings ist der systemtheoretische Wortklauber meist nicht zugegen, wenn im Meeting der Begriff Wissen aufkommt. Was ist denn mit „Wissen“ gemeint? Vielleicht bringen Sie in solch einer Situation „Können“ ins Spiel. Denn „Können“ hat sich bisher noch nicht wieder in den Begriffsvorrat der Unternehmen geschlichen – es klingt auch nicht besonders spektakulär. Holen Sie den Begriff trotzdem ans Licht, wenn Sie es mit Wissen zu tun bekommen.

Vielleicht mögen Sie empfehlen, dass es sich beim vorliegenden Sachverhalt möglicherweise um KOMPETENZ handelt. Wenn das Ihre Beobachtung ist, könnten Sie kurz darauf das blaue Ende der Unterscheidung mit WISSEN bezeichnen. Und das rote Ende nennen Sie KÖNNEN. Den gedanklichen Schieberegler positionieren Sie dorthin, wo die Beteiligten den größten Mangel vermuten. 

Vielleicht ist es so, dass man sich tatsächlich nur Wissen beschaffen muss. Und wenn man es zudem nur temporär benötigt, greifen Sie vielleicht am Markt bei den klassischen Beratern zu. Dafür gibt es ein breites Angebot. Oder Sie schicken Ihre Leute in ein Training, um es sich anzueignen. Wenn es aber ums Können und das Üben auf Basis von Talent geht, müssen Sie wohl maßgeschneiderter vorgehen. Ein Instrumentarium dazu geben wir Ihnen demnächst an die Hand. Das ist einen extra Beitrag wert.

Heute möchten wir Ihnen noch eine Brücke anbieten, damit Sie sich ans Können erinnern können, wenn Sie es heute zwar interessant finden (hoffentlich!), aber es nicht brauchen.

Eine ausgezeichnete Metapher findet sich bei einem der zahlreichen Kenner von Wohland´s Höchstleister-Theorie, unserem Partner Jürgen Kohmann von Strategic Business Incubation, Philadelphia. Er macht daraus keinen Hehl und nutzt in der Kundenarbeit täglich die Denkwerkzeuge. Sehr gelungen ist die Analogie, die er zum Radfahren zieht. Ich habe mir im Folgenden erlaubt, seinen Beitrag „Riding a bike – about Knowlegde & Mastery“ ins Deutsche zu bringen.

Radfahren lernen hat nur wenig mit Wissen zu tun (Schieberegler weit links – s.o.). Wenn Sie es Ihrem Kind beibringen wollen, hat es wenig Zweck, ihm vorher eine Lektion über Kreiselkräfte zu erteilen. Wie sich das Rad bei genügend Geschwindigkeit selbst stabilisiert, was ein Lenkimpuls ist und so weiter. Ihr Kind muss ÜBEN, damit es Radfahren KANN.

KÖNNEN kommt von ÜBEN. WISSEN kommt von LERNEN.

Natürlich braucht es auch Wissen, wenn man Radfahren „lernen“ will. Zum Beispiel sollte man wissen, wo die Bremsen sind. Das kann man allerdings im Stand erklären. Damit verfügt Ihr Kind selbstverständlich auch über das notwendige Wissen, um Radfahren zu können. Aber dann wird ausprobiert und wackelig geht es los. Aufgeschürfte Knie nicht ausgeschlossen.

Es würde nun wenig helfen, Ihrem Kind zu zurufen, was es tun soll – „ja, super – und schau´ dass die Kreiselkräfte zunehmen, dann wird es leichter…. die Kreiselkräfte!“. Oder gar zu fordern, im Gleichgewicht zu bleiben. Ihr angeliefertes Wissen (Verstand), wird Ihrem Kind bei der Entwicklung eines Gleichgewichtsgefühls nichts helfen. Und trotzdem ruft so mancher hinterher.

Man meint es ja gut. Vielleicht sitzt man sogar dem Irrtum auf, dass die mehrfache Aufforderung, im Gleichgewicht zu bleiben gar der Grund dafür war, dass es schließlich mit dem Radeln geklappt hat. Das positive Ergebnis verleitet zur Annahme. Tatsächlich aber kam es darauf an, Ihrem Kleinen wieder aufzuhelfen, zu trösten, ein buntes Pflaster aufzukleben und Mut für den nächsten Versuch zu machen. Nicht wahr?

Überträgt man das zurück in die Unternehmenswelt, kann man ähnliche Muster entdecken. Wenn Können im Dunkeln bleibt, schicken Manager ihre Mitarbeiter in Trainings. Eine Denk-Alternative ist nicht erkennbar – das ist das Problem. Die Manager sind nicht dumm. Außerdem meint man es ja gut – es geht darum, für die Zukunft gerüstet zu sein. Man kümmert sich um seine Leute.

Vielleicht wäre aber mehr Übungs-Raum nützlicher. Und Training nur eine (unbeabsichtigte) Behinderung. 

Bis übernächste Woche!

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