Scheinproblem Forecasts – Gedankenanstöße

20. März 2015 - Ralf Hildebrandt

Ist Forecasting ein Problem, oder nur ein Scheinproblem?

Sicher bekommt ein Manager ein Problem, wenn die Zahlen (wieder) nicht stimmen. Dann führt man eben ein CRM-Tool ein. Dann hat das ein Ende. Aber wird der Forecast dann besser?

Die Würfel sind gefallen

Ok, es gibt auch Nachlässigkeit und manche Buchung wird nicht fristgerecht einpflegt. Wenn das beseitigt ist, wird das eigentliche Problem aber bestehen bleiben. Und der Manager wird sich wieder ärgern müssen.

Schauen wir ´mal genauer hin.
Was genau ist ein präziser Forecast? Wie viel % von was? Was wird benötigt, um so einen präzisen Forecast zu ermöglichen? Z.B. Kunden, die ihre eigenen Pläne einhalten? Falls es die nicht gibt, was würde man tun?
Fehlen die Voraussetzungen oder ist es nur Schlamperei?

Ist das eigentliche Problem vielleicht ein ganz anderes? Vielleicht 20% Marktschwankungen, d.h. Volatilität. Also der „unberechenbare“ Kunde? Dann wäre ein präziserer Forecast (oder mehr Kontrolle) eine merkwürdige Lösung. Man fordert genaue Planung ein und fertig ist die Laube. Gerade so, als ob bessere Planung Grundlage für Markterfolg wäre. Und nicht etwa die wettbewerbsfähige Lösung von Kundenproblemen. Gegen volatile Märkte helfen z.B. Optionen. 

Ist es Unkenntnis oder Verzweiflung, wenn der Wunsch nach Planbarkeit als Problem an den Vertrieb durchgereicht wird? Steckt das eigentliche Problem darin, dass man sich auf Forecast-Genauigkeit festnagelt, weil man keine Idee hat, wie man mit 20% Marktschwankung umgeht? Darf das nicht sein?

Wahrheit wäre hier Produktivkraft. Sonst kann man sich nur noch auf Schuldzuweisung beschränken. Und manövriert sich damit in eine Sackgasse. Inklusive Konflikte.

Wir vermuten, dass man hier meist der Hinterbühne ausgeliefert ist. Es gibt Unterholzprozesse, wie man am besten mit einer unlösbaren Aufgabe umgeht. Aber die Beschäftigung mit einem unlösbaren Problem verschwendet Ressourcen. Und: das eigentliche Problem volatiler Märkte wird dadurch zugedeckt. Eine aktuellere Buchhaltung und moralische Appelle zu Jahresbeginn helfen nicht bei Dynamik. Mehr Daten sorgen in dynamischem Umfeld nicht für einen genaueren Forecast. Sondern verschlimmern das Problem nur. Und wie geht man damit um, dass der Profi-Verkäufer besser gestellt ist, wenn er noch ein Karnickel im Hut hat, dass er plötzlich hervor zaubern kann? Egal welche Schwelle man vorsieht? Als Profi könnte man ja nicht blöder dastehen, wenn man nachher zugeben muss, dass die Hälfte der hochfliegenden Hoffnungen sich in Luft aufgelöst haben. Und schon deshalb die ganze Forecasterei auf fraglicher Basis stattfindet?

Und zum Schluss: wie gehe ich als Manager mit einer solchen Situation um, wenn man bezgl. einer unlösbaren Aufgabe zu seinem Wort stehen will?

Forecasts sind Theater: 
1. Forecasts sind eine vorgetäuschte Messung. Eine Wahrscheinlichkeit kann man nur bei vielen Ereignissen angeben – nicht bezogen auf eines.
2. Ob ein Auftrag kommt oder nicht, ist nicht messbar. Sondern nur bewertbar (rot).

Das Missverständnis basiert auf 2 Fehlern:
1. Einem Gefühl wird eine Zahl zugeordnet. Dann wird das Gefühl als Quelle der Zahl vergessen.
Man behandelt also ein subjektives Gefühl wie eine objektive Messung.
2. Bewertungen sind nicht nur subjektiv, sondern auch gekoppelt. Also nicht getrennt voneinander zu betrachten.
Derjenige der eine Bewertung macht, kann seine vorangegangenen Bewertungen nicht ausblenden. Sie sind immer Teil seiner Wirklichkeit. Wahrscheinlichkeitspräzision kann man durch die Nicht-Trennbarkeit nie erreichen.

Natürlich ist damit nicht gemeint, dass man über den aktuellen Stand der Arbeit Auskunft gibt, um eine Einschätzung zu treffen. Einen Deal mit einer %-Zahl zu belegen ist dagegen unmöglich. Dass der jeweils machtvollere Manager das trotzdem verlangen darf (und warum er das muss) ist eine andere Geschichte.

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Foto: Sunshinetilli, „Die Würfel sind gefallen“ Some rights reservedwww.piqs.de

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