Steig´ ein!
26. Januar 2018 - Ralf Hildebrandt
Heute geht es um die Königsdisziplin im Change-Management, werte Leserinnen und Leser: die Mitarbeiter ins Boot holen!
Ein Dauerbrenner. Ständig muss man die Mitarbeiter irgendwohin „mitnehmen“, für „buy-in“ sorgen oder eben „ins Boot holen“. Nicht nur zu Zeiten der Digitalisierung. Die Kollegen waren auch schon vor 15, 10 oder 5 Jahren immer wieder aus dem Boot gesprungen. Oder sie waren erst gar nicht drin! Wie denn? Die Führungskräfte sind wohl schon alleine losgetuckert? Und haben dann im Blick zurück gerade noch die verzweifelt winkende Belegschaft am Steg erahnt: nehmt uns mit auf die Reise!
Angebote, wie man zurückrudert und die Mitarbeiter beispielsweise mithilfe eines betörenden Kommunikationsmixes von irgendetwas überzeugt, finden sich reichlich. Sicherlich ist nicht alles Mumpitz, was sich unter dieser Selbstverständlichkeit verkaufen lässt. Darum geht es auch nicht.
Aber man kann ja einmal kräftig an dieser Gammel-Tatsache rütteln: warum muss man eigentlich die Mitarbeiter ins Boot holen? Wie wäre es einmal anders herum?
Wie kriegen denn die Mitarbeiter ihr Management ins Boot?
Das wäre ja eine mindestens genauso naheliegende Frage. Oder vielleicht sogar die nützlichere? Denn unter Dynamik wird in Unternehmen (zwangsweise) viel Vernünftiges außerhalb bestehender Strukturen gelöst. Experimentell – neben dem Üblichen. Da könnte man schon die Frage stellen, wie man als Mitarbeiter das Management ins Boot bekommt. Aber die scheinen ja immer andere Sorgen zu haben!
Dynamik macht sich immer an den peripheren Funktionen einer Organisation zu schaffen. Sie setzte bestehende Strukturen unter Druck. Dort ist der Anlass und der Zwang innovativ zu denken und zu handeln deutlich größer, als anderswo im Unternehmen. Deshalb könnte man dort die Hilfe des Managements gut gebrauchen. Etwa im Rahmen eines lokalen Schutzraums, um ein Experiment zu stützen.
Die notwendige Unterstützung bekommt man aber nicht. Oder nur selten. Weil das, was man da in der Peripherie so macht, kaum Ansehen hat. Und auch nicht verstanden wird. Selbst wenn es verbal zur Kenntnis genommen wird, hat man in den weit vom Alltagsgeschäft entfernten Funktionen kaum eine andere Möglichkeit, als die Ausführungen der Kollegen der Peripherie als mehr oder weniger hilfloses Gestammel zu interpretieren. Man kann gar nicht auf die Idee kommen, zu helfen. Woher sollen denn ausgerechnet die kleinen Leute da draußen wissen, was für das Unternehmen notwendig ist? Das können sie nicht wissen. Da findet man sicherlich keine Ideen, die das Unternehmen voranbringen.
Dieses Problem ist real: wie bekommt man sein Management ins Boot, wenn man draußen in der Wertschöpfung unterwegs ist? Schließlich ist es in vielen Fällen zentraler Change-Bemühungen hilfreich oder gar lebensrettend, wenn die Belegschaft erst gar nicht ins Boot einsteigt.
Die Widerständigkeit, die sich vor einem beherzten Sprung in den Kahn bemerkbar macht, hat ihren Grund ja nicht in Renitenz, Wurstigkeit oder Blödheit. Sondern in der tagtäglichen Erfahrung: liebes Management, das was ihr da machen wollt… das geht nicht. Das wird so nicht funktionieren… und weil Nicht-Mitmachen nicht geht, macht man eben einmal so mit, dass möglichst wenig Schaden entsteht. Oder zieht das Ding in die Länge.
Das Management ins Boot zu holen gelingt immer dann, wenn eine Managerin (ein Manager) das als Problem bereits so herum erkannt hat. Das sind dann die Führungstalente, die den Kontakt zur Wertschöpfung noch nicht ganz verloren haben. Die spricht man an, wenn man in der Arbeit auf Dinge stößt, die man auf bewährtem Wege nicht lösen kann. Weil man die Hoffnung hat, dass sie wissen, dass sie den Alltag nicht verstehen (können). Aber trotzdem die Hand darüber halten. Wenigstens für einen Moment.
Bis übernächste Woche!
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