… weil ich es sage!

29. Juni 2018 - Ralf Hildebrandt

Wir machen das jetzt so, … weil ich es sage, werte Leserinnen und Leser.

Der Beitrag von vorletzter Woche hat sich über das Eingangstor „Mitarbeiterbefragung“ mit Demokratie als wirkungsloser Notbremse (in Unternehmen!) beschäftigt. Im Betriebsalltag fällt der Irrtum kaum auf. Was sollte an Abstimmungen denn schon falsch sein? Fühlt sich doch gut an?

Demokratie ist ebenso wie „Gerechtigkeit“ (darüber vielleicht dann in der nächsten Ausgabe) in Diskussionen meist eine uneinnehmbare Festung. Beinahe jeder wird es befürworten, wenn es in einem Unternehmen „gerecht“ zugeht. Sollte daran auch etwas falsch sein? 

Abgesehen davon, dass Gerechtigkeit ein subjektives Gefühl ist und Diskussionen darüber deshalb oft zu Streit und Konflikten führen, ist ein Unternehmen nun einmal eine Organisation, in der man nicht alles ausdiskutieren kann. Es muss möglich sein, auch einmal einen falschen Weg zu beschreiten, weil man keine Zeit hat, den richtigen zu finden. Das gilt besonders bei hoher Dynamik. Man ist auf Experimente angewiesen. Wichtig ist dabei, dass gelernt werden kann. Und zwar schnell. Wenn man sich verlaufen hat, muss man einen anderen Weg ausprobieren. Man lernt aus Niederlagen. Wenn Erwartungen enttäuscht werden, entwickelt sich Intelligenz. Es entstehen neue Erwartungen, die man vorher gar nicht haben konnte.

Bei Dynamik kommt es darauf an, sich möglichst schnell zu irren. Und dafür benötigt es Machtstrukturen. Irgendjemand muss entscheiden, weil Entscheidungen gebraucht werden. Sonst geht es nicht weiter. Deshalb kann ein Unternehmen ohne Macht nicht funktionieren. Manchmal machen die Verrenkungen um eine hierarchie-freie Organisation den Eindruck, es bestünde eine kindische Angst vor einer Notwendigkeit. Macht ist nichts Schlechtes. Macht hat mit Moral nichts zu tun. 

Es kann viele Gründe dafür geben, dass „Macht“ scheinbar für ein längst überholtes Relikt einer vergangenen Epoche gehalten wird. Und als wesentliche Funktion von Unternehmen in den Alltagsgesprächen tabu ist. Vielleicht liegt es daran, dass von nutzlosen Steuerungsreflexen und Ausroll-Aktionen geplagten Managern, irgendwann der Kragen platzt. Und als Grund des Versagens (aus Mangel an Bewusstsein – nicht aus Dummheit) nur die change-widerborstigen Mitarbeiter übrig bleiben: „Jetzt ist es aber genug… wir machen das jetzt so, weil ich es sage!“ Peng.

Macht wird dann nicht dazu genutzt, in unbekanntem Terrain zu entscheiden. Sondern sie wird missbraucht, um einen Plan durchzudrücken. Den man für eine Lösung hält.

Macht ist aber immer ein Konsens. Nicht eine Eigenschaft oder eine Aktivität, die ein Manager „ausüben“ könnte. Macht muss von den Nicht-Mächtigen akzeptiert werden. Unabhängig davon, ob eine Entscheidung für gut befunden wird, oder nicht*. Sonst kann man „ausüben“, bis man schwarz wird. 

Wenn es darum geht, den Hammer schneller zu schwingen, ist auf Kommando des Mächtigen schnelleres Klopfen möglich. Weil er das sagt. Wenn aber Kreativität und Ideenreichtum gebraucht werden, ist Machtmissbrauch keine Lösung. 

Bis übernächste Woche!

*Geld (ein Gehalt) kann auch ein Grund dafür sein, Entscheidungen zu akzeptieren.

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