Do what you love

9. Februar 2024 - Ralf Hildebrandt

Werte Leserinnen, liebe Leser,

was real ist, kann nicht gedacht werden, wobei oft gedacht wird, es sei genau umgekehrt. Was individuell in die Realität hineingedacht wird, ist die Wirklichkeit und was jemandem wirklich erscheint, ist eine fürs Denken notwendige Konstruktion.

Gedanklich konstruieren lässt sich allerhand, der eigenen Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Auf der Suche nach der beruflichen Zukunft gibt es beispielsweise den gut gemeinten Rat, man solle doch seine Leidenschaft zum Beruf machen. Man macht seine Wirklichkeit zur Realität und kommt zum Schluss, dass die Welt einen schon belohnen werde, wo man sich doch so leidenschaftlich für seine Sache engagiert.    

Die eigene Wirklichkeit fühlt sich zwar gut und richtig an, weil sie aber nicht real ist, ist sie nur äußerst selten auch die Zukunft. Was nicht bedeutet, die Zukunft wäre leidenschaftslos, sondern nur, dass individuelle Leidenschaften für die Welt nicht von besonderer Bedeutung sind. Kurzum:

Nicht die selbstgemachte Wirklichkeit klärt darüber auf was mit den eigenen Talenten möglich ist, sondern nur die Realität (der Welt).

Weil die Realität aber nicht gedacht werden kann, bleibt einem nichts anderes übrig, als zu handeln und sich (mutig) der Widerständigkeit der Welt auszusetzen. Widerständigkeit ist ein Begriff aus der Philosophie und aus der modernen Organisationsentwicklung nicht mehr wegzudenken. Widerständigkeit ist nicht Widerstand, Widerständigkeit wirkt (unter anderem) als konstruktiver Gegenwind, der einem immer dann ins Gesicht bläst, wenn es anders kommt, als man sich das vorgestellt (konstruiert) hatte. Im ersten Moment wird man von der Welt zwar enttäuscht, zugleich bekommt man für seinen Mut, sich ihrer Widerständigkeit auszusetzen, aber auch etwas zurück. Denn immer dann, wenn es nicht so läuft, wie man es sich vorgestellt hatte, hat man ein Zipfelchen der Welt erwischt. Das (Zipfelchen) sorgt für Irritation, und die wiederum ist, wie auch hier zu lesen war, der Zustand, in dem unvermeidlich Ideen im Überfluss erzeugt werden.

Statt sich selbst mit „Tu, was du liebst“ zu verwöhnen, kommt es also vor allem darauf an, die Widerständigkeit der Welt zu suchen und zu nutzen. Hegels Version davon lautet „Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit“, damit kommt man sicher weiter, wahrscheinlich sogar leidenschaftlicher als man das selbst je vermutet hätte. 

Bis übernächste Woche!

 

 

 

 

 

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