Bürokratie abbauen

10. September 2020 - Ralf Hildebrandt

Haben Sie sich schon über Bürokratie aufgeregt, liebe Leserinnen, werte Leser?

Wahrscheinlich. Was bürokratisch ist, ist kaum beliebt – bei den Bürokraten vielleicht.
Selbstverständlich muss ein modernes Unternehmen Bürokratie abschaffen.

Muss es?

Muss es nicht.

Zum Glück. Denn wie man weiß, klappt das ohnehin nur äußerst selten.

Der moderne Organisationsentwickler vermutet hinter Bürokratie einen vernünftigen Grund. Sie wäre sonst nicht da. Auch wenn vieles daran auf den ersten Blick unsinnig und von gestern erscheint. Bevor man sich fragt, wie man Bürokratie am besten abschaffen könnte, hilft ein ordentlicher Spritzer Moral-Domestos. Wenn Bürokratie dann blitzeblank von Ärgernissen wertfrei betrachtet werden kann, stellt sich eine passendere Frage: „Wie viel Bürokratie ist notwendig, damit ein Unternehmen funktionieren kann…“.

Denn:

Ohne Bürokratie keine Organisation.

Zumindest ist Bürokratie ab einer bestimmten Größe unvermeidlich.

Das ist in etwa der Fall, wenn man den Firmenausflug nicht mehr in einem VW Bulli planen kann bzw. wenn man nicht mehr jeden so gut kennt, dass man sich vorbehaltlos zu dritt eine Sitzbank teilt. Dann ist es soweit, dass Menschen häufiger als Personen behandelt werden. Eine Person ist kein Mensch. Sondern eine in ihrer Komplexität deutlich reduzierte formale Erwartungsstruktur, die die Existenz des Menschen dahinter, nur äußerst unvollständig repräsentiert. Bis hinab auf eine Nummer. 

Diese Unvollständigkeit wird oft als ungerecht empfunden. Moraldesinfiziert verhallt der Ruf nach gerechter Behandlung (des eigenen Individuums) und es zeigt sich ein klarer Vorteil:

Bürokratie heißt nichts anderes, als dass sehr verschiedene Gegebenheiten mit den gleichen Ritualen (Vorgängen) behandelt werden können.

Weil sie behandelt werden müssen. Und nicht, weil die Bürokraten ihr Klientel so gerne zwiebeln.

 

 

Bis übernächste Woche!

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