Wofür Manager bezahlt werden (oder auch nicht)
23. Mai 2025 - Ralf Hildebrandt
Werte Leserinnen, liebe Leser,
im Beitrag von vorletzter Woche ging´s ums Entscheiden und dabei unter anderem um die Erkenntnis, dass nur entschieden werden muss was man nicht weiß, und dass Managerinnen und Manager genau dafür bezahlt werden. In vielen Unternehmen ist man anderer Auffassung, da werden Manager nicht fürs Entscheiden, sondern fürs Treffen der richtigen Entscheidungen bezahlt, was, weil nur entschieden werden muss, was man nicht weiß, aber gar nicht möglich ist. Als Managerin zu wissen, was richtig und was falsch ist, war früher einmal möglich (daher auch die Auffassung). Denn früher, zu Zeiten geringer Dynamik, ließen sich Unternehmen auf Jahre hinaus planen, praktisch alle organisatorisch relevanten Eventualitäten waren bekannt. Kurzum, eine gute Managerin wusste Bescheid und dafür wurde sie auch bezahlt.
Heute ist Planung wie früher nicht mehr möglich. Unter hoher Dynamik werden Unternehmen von ihren Konkurrenten ständig mit kleineren und größeren Innovationen überrascht, was jede Menge kleinere und größere Probleme verursacht, für die es, weil überraschend, noch kein Wissen geben kann. Wenn es dann weitergehen soll (weil Kunden nicht ewig warten), muss entschieden werden, und das bedeutet, sich aufs Lernen vorzubereiten. Damit ist nicht der Besuch des nächstbesten „Decision Making“– Seminars gemeint, in dem man lernen soll, wie man richtige Entscheidungen trifft (für Probleme, die man noch gar nicht kennen kann?), sondern das mit Entscheidungen unvermeidlich verbundene Lernen aus Irrtümern.
Sich zu irren ist beim Entscheiden eine unvermeidliche Begleiterscheinung,
weil, siehe oben, nur entschieden werden muss, was man nicht weiß. Zufallstreffer sind natürlich immer möglich, im Allgemein werden Entscheidungen aber mindestens ein bisschen falsch sein, oft genug auch ein bisschen mehr. Und dann kommt es nicht darauf an, richtig und falsch zu unterscheiden (und nachzuforschen, wer mal wieder falsch entschieden hat), sondern vielmehr, wie schnell das Unternehmen aus dem Irrtum Vorteile ziehen, und neues Wissen erzeugen beziehungsweise lernen kann.
Wenn eine Managerin dann noch der Meinung ist, sie müsse jemand sein, der sich gefälligst nicht irrt, und wenn sie das womöglich auch noch selbst von sich verlangt, dann behindert das nicht nur ihre, sondern auch die Entwicklung ihres Unternehmens (was selbstverständlich auch für Manager gilt).
Kein Manager kann sich heute mehr dagegen wehren, sich mehr oder weniger ständig zu irren, und damit ständig zu lernen.
Und zwar nicht heimlich, damit es bloß niemand mitbekommt, sondern öffentlich. Denn die im Einzugsbereich des Irrtums verfügbaren Bewusstseine müssen mitlernen können, dass es so nicht weitergeht, und es dann eben anders gehen muss – wenn der Manager nur für sich lernen würde, wäre das Verschwendung (was selbstverständlich auch für Managerinnen gilt).
Bis übernächste Woche!
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