Die Tücke von Talent

9. Dezember 2022 - Ralf Hildebrandt

Liebe Leserinnen, werte Leser,

Menschen, die passende Ideen haben, nennen wir Könner. Das Potential, aus welchem Können erwachsen kann, nennen wir Talent. Der Bedarf an Talent verändert sich mit der Dynamik der Märkte. Je höher die Dynamik, umso größer der Talentbedarf. Nur wenigen Unternehmen gelingt es, Talent systematisch zu erzeugen. Möglicherweise fehlen dafür geeignete Denkwerkzeuge.

Üblicherweise wird auf der Suche nach Talent mit der sogenannten „Stelle“ gearbeitet. Stellen sind die Positionen in den Abläufen eines Unternehmens, an welchen Mitarbeiter benötigt werden, die diese Stellen ausfüllen. Die Anforderungen, die eine Stelle an eine Mitarbeiterin stellt, sind bekannt und, sofern Ordnung herrscht, in einer Stellenbeschreibung beschrieben. Die Personalabteilung (das Recruiting) hat dann die Aufgabe, jemanden zu finden, dessen Leistungsprofil mit dem Anforderungsprofil der offenen Stellen „matcht“. Das Leistungsprofil (Skillprofil) einer Mitarbeiterin kann durch vielfältige Verfahren vor einer Einstellung festgestellt, vermessen und beschrieben werden. Wenn das Profil zur unbesetzten Stelle passt, kann mit kleinem Risiko eingestellt werden. Danach wird das Profil durch Fortbildung immer wieder neuen Anforderungen angepasst. Gelingt das nicht, trennt man sich wieder.

In dynamischem Umfeld funktioniert diese bewährte Denkweise nicht mehr, denn: 
Menschen unterscheiden sich heute weniger durch das, was sie schon sind, sondern vielmehr durch das, was aus ihnen werden könnte, 
also durch ihr Talent.

Besonders bei unbekannten, überraschenden Problemen ist zunächst offen, wem deren Lösung leicht fallen könnte und wer daran scheitert. Natürlich kann sich jeder durch fleißiges Üben überall verbessern. Höchste Leistung entsteht aber nur auf Basis von Talent, wenn durch stetiges Üben ein gewisses Können erreicht worden ist. Vorher ist Talent verborgenes Potenzial. Wer also Können benötigt, kommt nicht darum herum, Talent(e) zu fördern. Diese sind allerdings erst sichtbar, wenn Können erzeugt worden ist. Deshalb können Talente nicht wie gewohnt „beschafft“ werden. Damit tun sich viele Unternehmen schwer, denn 
Talente werden erst bei der Arbeit im Unternehmen sichtbar. 
In Skillprofil, Einstellungsgespräch und Assessment-Center bleiben sie verborgen. 

Bis übernächste Woche!

 

 

 

 

 

 

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