Duale Prozessgestaltung – nie ohne Talente (DZ #12)

20. Dezember 2015 - Ralf Hildebrandt

Ein Arbeitsprozess ist eine Folge von Tätigkeiten, die ein benötigtes Ergebnis erzeugen. Wird der Prozess wiederholt, so wiederholt sich auch ein Teil dieser Tätigkeiten. Wir nennen ihn den blauen Anteil. Dieser kann regelbasiert beschrieben werden, bevor er stattfindet. Diese sogenannte Prozessbeschreibung kann für künftige Durchläufe genutzt und so ständig verbessert werden.

Denkzettel_12

Bei hoher Dynamik wird der rote (lebendige) Anteil eines Prozesses wichtiger und damit größer. Bei Störung des blauen Prozesses wird dort entschieden, wie weitergemacht wird.

Es gibt aber auch überraschende Ereignisse, deren Bearbeitung erst beschrieben werden könnte, wenn sie vorbei sind. Für zukünftige Prozessdurchläufe wäre das ohne Nutzen, denn Überraschungen wiederholen sich nicht als Überraschung. Wir nennen dies den „roten“ Anteil eines Prozesses. Je höher der rote Anteil ist, umso dynamischer ist der Prozessablauf. Sind beide Anteile wichtig, nennen wir den Prozess dual.

Ist die Dynamik niedrig, so kann mit einer (blauen) Prozessbeschreibung alles Wichtige erfasst werden. Rote Ereignisse gibt es nur wenige, und sie sind leicht zu bearbeiten. Zum Beispiel: Wenn Gewitterwolken das Büro verdunkeln, kann man sich darauf verlassen, dass jemand das Licht einschaltet.

Höchstleister beschränken Ihre Beschreibungen auf den blauen Regelanteil eines Prozesses. Der wachsende rote Anteil wird nicht beschrieben. Tritt ein rotes Ereignis ein (Überraschung), so wird der blaue Ablauf unterbrochen, damit der benannte talentbasierte Könner (Meister) eine Entscheidung treffen kann. Dann wird der blaue Prozess fortgesetzt.

Nur mit dieser dualen Gestaltung [Regel (blau) und Entscheider (rot)] entsteht ein eleganter, dynamikrobuster Prozess. Steigt die Dynamik, so gibt es mehr und anspruchsvollere rote Ereignisse. Oft wird versucht, die Beschreibungen der Prozesse so zu verbessern, dass sie auch mit Dynamik fertig werden. Dazu werden möglichst alle Ereignisse gesammelt, die störend eintreten könnten. Zu jedem dieser Ereignisse wird dann beschrieben, wie damit umzugehen ist. Dabei entsteht eine „kombinatorische Explosion“, die nur noch mit entsprechender Software verwaltet werden kann. Die ausgedruckten Prozesshandbücher sind schließlich so dick, dass sie ihren Nutzen verlieren. Bei hoher Dynamik ist Prozessgestaltung dieser Art immer eine Havarie.

Bis nächste Woche!

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