Happy Working People
5. Mai 2017 - Ralf Hildebrandt
„Ist ein Unternehmen letztlich wirklich nur dazu da, einen soliden (bzw. konkurrenzfähigen) Gewinn zu erzielen? Der Zweck eines Unternehmens ist doch meist ein ganz anderer. Wir sind nicht nur die Erfüllungsgehilfen für maximalen Profit…“
Der Beitrag vom 20. April (Kein Ziel ist auch keine Option) sorgte für konstruktive Irritation und in der Folge zu einigen Mails, werte Leserinnen und Leser. Recht herzlichen Dank dafür, dass einige von Ihnen sich die Mühe gemacht haben!
Es war wohl so, dass der Beitrag wohlwollend als hilfreiche Denkstütze aufgenommen wurde. Ein Statement sorgte jedoch für Widerspruch. Eben, dass der Zweck (man könnte auch sagen, das oberste Ziel) eines Unternehmens der konkurrenzfähige Gewinn sein solle. Einzig und allein. Das war eine Provokation.
Wie sehen Sie das? Ist es aus Ihrer Sicht nicht auch so, dass ein schöner Gewinn eher Mittel zum Zweck ist? Geht es nicht zunächst darum, Menschen (Mitarbeitern und Kunden) Möglichkeiten zu eröffnen? Damit sie ihr Potential entwickeln können? Sich entfalten? Was dann einen Gewinn zur Folge hat?
Und begründen nicht gerade die besonders erfolgreichen Unternehmen so ihre Existenz? Man muss man ja geradezu den Eindruck bekommen, man könne sich den Unternehmenszweck aussuchen. Mehr noch – Berater machen Druck und fordern dazu auf, ein sinn-stiftendes Umfeld zu schaffen. Wenn man Generation Y oder Z überhaupt hinter dem Ofen vorlocken will.
So gesehen ist es schon eine steile These, dass man sich den Unternehmenszweck gar nicht aussuchen könne.
Also was ist denn nun der Fall? Kann man oder kann man nicht? Wie würden Sie das jeweils begründen?
Wenn Sie jetzt nicht gleich auf einen grünen Zweig kommen, sind Sie in guter Gesellschaft. In Denkwerkstätten gibt es diese Weggabelung eigentlich immer. Vorschlag:
Was ein Zweck ist, kann man nur feststellen.
Man kann es sich nicht aussuchen. Allerdings wird das so meist nicht zur Kenntnis genommen. Vielleicht kommt man als emanzipierter Mensch damit nicht so einfach zurecht. Dass es da etwas (außerhalb der Religion) geben soll, was nicht dem eigenen Willen unterliegt und Anforderungen stellt: das Wirtschafts-System.
Aber es ist so. Wirtschaft ist zunächst einmal brutal. Das spürt jeder, der keinen Gewinn macht. Kein Gewinn und man ist draußen. Denkt man über Wirtschaft (oder den Markt) nach, kommt es eigentlich zunächst darauf an was geschieht, wenn man keinen Gewinn macht. Dass sich damit niemand gerne befasst ist wohl verständlich. Macht man Gewinn, ist die Wirtschaft freundlich. Ein Abenteuer. Damit beschäftigt man sich gerne. Man kann mit dem Geld schließlich machen, was man will (nun ja – Sie wissen, wie es gemeint ist). Man ist frei. Aber eben nur, wenn man vorab den Zweck, den das System einfordert, erfüllt. Dass das so ist, setzt man klammheimlich voraus.
Es kommt also darauf an, die Kausalität nicht auf den Kopf zu stellen.
Man kann das anders herum denken. Das hält das Hirn aus – aber es stimmt eben nicht. Das kann teuer werden.
Zweck bedeutet nur, sich darüber im Klaren zu sein, welche zwingende Bedingungen erfüllt sein muss. Damit man über alles andere nachdenken kann.
Oder etwas einfacher (frei nach Dr. Wohlands Hinweis in einer Denkwerkstatt):
Nehmen wir an, der Sinn des Lebens sei, glücklich zu sein. Damit ich glücklich sein kann, muss eine gewisse Temperatur auf der Erde herrschen. Und Schwerkraft. Also kann ich annehmen, dass es Schwerkraft und ein gemäßigtes Klima gibt, damit ich glücklich sein kann. Das kann ich behaupten. Ist aber irgendwie blöd.
Bis übernächste Woche!
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