Vom Produkt zur Lösung

2. September 2022 - Ralf Hildebrandt

Liebe Leserinnen, werte Leser, 

manchmal werden Unternehmen, die leistungsstarke Produkte anbieten von (mit leistungsstarken Produkten) beeindruckten Kunden dazu gedrängt, auch Lösungen anzubieten. Dass hinter dem verständlichen Kundenwunsch ein für auf Produkte spezialisiertes Unternehmen eine große Umstellung steckt, bekommen die Kunden nicht mit. Sie erhoffen sich vom Unternehmen einfach ähnlich leistungsstarke Lösungen. 

Allerdings ist es eine Sache Produkte herzustellen und zu verkaufen – Lösungen anzubieten ist eine ganz andere (Sache).

Dass Produkte und Lösungen zwei paar Schuhe sind, weiß man in den Unternehmen natürlich. Wenn ein guter Kunde allerdings um ein Lösungsangebot (inklusive attraktivem Auftragsvolumen) bittet, kann von einem stolzen Produkthersteller schon einmal übersehen werden, dass die Unternehmensstrukturen von Produkt- und Lösungsanbietern grundverschieden sind. 

Das fängt schon beim meist unbezahlten Beginn bzw. beim Verkauf einer Lösung an. Denn statt dem gewohnten Sales-Prozess handelt sich der bisher auf Produkte und deren Features spezialisierte Vertrieb gemeinsam mit dem Kunden ein innovatives Projekt ein. Im Vergleich zur Arbeit in einer gewohnten Prozessstruktur ist ein Projekt eine temporär eigenständige Sonderorganisation und obendrein eine hochdynamische Angelegenheit. Eine im Produktverkauf kompetente Vertrieblerin findet sich (als erste Ansprechpartnerin des Kunden) dann unvermittelt in der Funktion einer Projektleiterin wieder, die sich um Konzept, Planung und Implementierung einer Lösung kümmern muss. Ganz zu schweigen von der Aufgabe, dass sie für das Projekt in ihrer Produkt-Company ein Team finden muss – so etwas hatte sie bisher fürs Verkaufen nicht gebraucht.

Und das ist noch nicht alles.

Die Erkenntnisse, die im Verkauf gewonnen werden, haben auch Konsequenzen für kommende Projekte und Produkte. Jedes Vertriebsprojekt erzeugt wichtige Kompetenzen für die langfristige Strategie von Forschung und Entwicklung, schließlich operiert es lernend inmitten einer dynamischen Marktumgebung. Die Vertriebsfunktion wirkt dann nicht mehr nur von innen nach außen (das klassische Verkaufen), sondern auch umgekehrt – die innovativen Kundenprojekte werden zur Lernumgebung dynamischer Unternehmensentwicklung. Das heißt, der Vertrieb wird „symmetrisch“.

Die mehr oder weniger zufällige Entwicklung, die sich aus dem Erfolg mit leistungsstarken Produkten ergeben hat, kann das ganze Unternehmen auf den Kopf stellen. Zumal, wenn sie unbemerkt bleibt.

Bis übernächste Woche!

 

 

 

 

 

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