Wursteleien, Teil II
18. Dezember 2020 - Ralf Hildebrandt
Liebe Leserinnen, werte Leser,
Wursteleien Teil I hatte Sie vor zwei Wochen darauf aufmerksam gemacht, dass
Mitarbeiter wursteln, damit es weitergeht.
Denn so, wie es Vorschrift ist, geht es unter Dynamik immer öfter nicht weiter. Also macht man irgendetwas, damit es weitergeht. Wenn es das nächste Mal dann wieder anders kommt, als es kommen sollte, fängt man wieder an zu wursteln. Und mit der Zeit gewöhnt man sich dran.
Solche Wurstelei-Hotspots sind Inseln hoher Dynamik. In ihnen steckt die Zukunft, nach der viele Unternehmen ständig suchen. Das Problem ist also nicht die „agile“ Anpassung an dynamische Märkte. Das hat die Organisation längst gelöst.
Das Problem ist, dass Wurstelei tabu ist.
Man darf nicht darüber reden. Ein professionell geführtes Unternehmen wurstelt nicht und basta. Und wenn man es doch tut, gerät man in einen offenen Konflikt. Denn wursteln heißt, man verletzt bestehende Regeln. Dass Regelverletzung einem Unternehmen nützen könnte, kann man nicht denken. Entweder die Regel gilt, dann wird sie gefälligst eingehalten oder die Regel ist Quatsch, dann muss man sie eben ändern, damit man sich wieder dran halten kann. Aber eine Regel gelten zu lassen und immer wieder daran vorbei zu arbeiten, das gehört sich nicht.
Was da solche Schwierigkeiten macht, ist, Wursteln, als dynamische Anpassung an neue Marktnotwendigkeiten, von Chaos zu unterscheiden.
Nicht jede Regelverletzung ist eine Reaktion auf Dynamik. Oft wird gewurstelt, weil jemand keine Ahnung hat. Dann entsteht Chaos. Chaos ist ein Effekt von Nichtwissen, ein internes Problem. Die Ursache von Dynamik hingegen liegt außen. Irgendetwas (letztlich eine fremde Idee) hat dazu geführt, dass man das so, wie man es sich im Prozess gedacht hatte, nicht ausführen kann. Jetzt auf Disziplin zu pochen, ist keine Lösung.
Heute kann man praktisch gar nichts mehr machen, ohne dabei immer wieder einmal eine Regel zu verletzen.
Die Frage ist, wo Regelverletzung abgestellt gehört und wo sie als Teil des Alltags akzeptiert werden kann.
Bis bald!
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