Zentrum und Peripherie – ungewollte Struktur von Unternehmen (DZ #4)

11. Mai 2015 - Ralf Hildebrandt

Der Erfolg eines Unternehmens ergibt sich aus zwei externen Kriterien, dem Markt (Konkurrenten und Kunden) und den Kapitalgebern. Wir nutzen dies, um Unternehmen mit der Unterscheidung Zentrum/Peripherie zu beschreiben.

Zentrum und Peripherie

Bei hoher Dynamik wirken die Reize des Marktes nur noch auf die Peripherie. Das Zentrum verliert seinen Kompetenzvorsprung. Die Steuerung kollabiert.

Damit werden Dynamikprobleme sichtbar, die mit der gewohnten Unterscheidung Aufbau- und Ablauf-Organisation unsichtbar bleiben. Zentrum nennen wir alle Tätigkeiten im Unternehmen, die sich mit den Interessen der Kapitalgeber auseinandersetzen. Alle Tätigkeiten, die mit den Anforderungen des Marktes wertschöpfend umgehen, nennen wir Peripherie.

Wichtig: Es geht um Tätigkeiten, nicht um Menschen oder Orte. Vorstand und Zentrale sind nicht gleich Zentrum, die Werker in den Niederlassungen sind nicht gleich Peripherie. 

Früher, in träger Umgebung, konnte das Zentrum auch die Anforderungen des Marktes bearbeiten. Die Peripherie reagierte darauf nur indirekt über das steuernde Zentrum. Heute, bei hoher Dynamik, bleibt weniger Zeit, Probleme der Wertschöpfung zu lösen. Sie müssen ohne Umwege dort gelöst werden, wo sie entstehen – in der Peripherie. Da das Zentrum nicht mehr beteiligt ist, verliert es seine operative Kompetenz. Jetzt kann es kaum noch nützliche Anweisungen geben. Wir sagen: Durch die Dynamik kollabiert die Steuerung. Weil das Zentrum die Ursache nicht sieht, verrennt es sich in dem aussichtslosen Versuch, die Steuerung zu „reparieren“. Damit ist es so hoffnungslos überlastet, dass seine nicht delegierbare Arbeit (Strategie und Innovation) liegen bleibt. Die Organisation verblödet (auch damit sind nicht die Menschen gemeint!) trotz reichlich vorhandener Intelligenz. 

Wo Dynamik dominiert, schalten Höchstleister von Steuerung auf Führung um. An die Peripherie werden nicht nur steuernde Anweisungen verteilt, sondern Probleme. Anschließend werden die Lösungen eingesammelt. Damit nehmen Höchstleister die neue dezentrale Kompetenz in Gebrauch, ohne sie steuern zu müssen. Das funktioniert nur, wenn die Führung hohes Ansehen
genießt. Nicht bessere Steuerung, sondern dieses Ansehen ist heute das zu lösende Problem.

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