Wenn Benchmarks nutzlos werden

23. Juni 2023 - Ralf Hildebrandt

Liebe Leserinnen, werte Leser,

wenn man wissen will, wie sich das eigene Unternehmen im Markt schlägt, kann man es (oder sich) über Benchmarks mit seinen Konkurrenten vergleichen. Für jede Branche gibt es solche Vergleichsmaßstäbe. Immer versehen mit Kennzahlen, an welchen man sich orientieren kann. Das ist praktisch, man muss nur „in die Zahlen“ schauen, und schon weiß man, wie es um einen steht. Wenn man kennzahlenmäßig besser als der Maßstab ist, ist man erfolgreich, wenn man schlechter ist, orientiert man sich an den Kennzahlen der Besten (und deren Best Practices), um besser zu werden. Alles in allem also eine super Sache, wenn man etwas über die Wettbewerbsfähigkeit seines Unternehmen erfahren will. 

Nicht übersehen werden darf dabei, dass Vergleichsmaßstäbe nur dann nützlich sind, wenn sich Unternehmen in ihren Reaktionen auf Marktprobleme auch vergleichen lassen. In einem modernen Markt ist das immer weniger der Fall, weil dessen Enge Unternehmen aufeinanderdrückt. Ihre gegenteiligen Interessenslagen führen dazu, dass sie sich in ihrem Gerangel um Kunden und Marktanteile auf die Nerven gehen bzw. gehen müssen, wenn sie überleben wollen (was kein Nachteil, sondern Antrieb für Entwicklung ist). Wer seine Wettbewerber mit einer guten Idee überrascht, setzt sie unter Druck. Und die, die überrascht werden, müssen dann ihrerseits eine Idee haben, was wiederum die Konkurrenz überraschen könnte – und so weiter. Mit zunehmender Dynamik (mit Dynamik als Maß für die Menge an Überraschungen, die ein Unternehmen erzeugen oder aushalten muss, um konkurrenzfähig zu sein) sind Unternehmen also zwangsläufig immer weniger vergleichbar, weil die Reaktionen auf überraschende Marktprobleme naturgemäß so unterschiedlich wie die Überraschungen selbst sind. 

Unter hoher Dynamik ist kreative Nicht-Vergleichbarkeit wichtiger als Vergleichbarkeit mit den Besten.

Benchmarks sind dann nicht nur nutzlos, mehr noch, Zahlenvergleiche mit Maßstäben können dann sogar schaden, weil man sich auf Kriterien konzentriert, auf die es nicht mehr ankommt. Wenn man unter hoher Dynamik einschätzen will, ob eine bestimmte neue Aktivität oder Marktinitiative im Sinne einer positiven Geschäftsentwicklung Eindruck auf konkrete Interessenten macht, bleibt Konkurrenten, wie auch einem selbst, nur eines übrig:

Man muss es ausprobieren.

Vielleicht lässt sich ahnen, was Eindruck machen könnte, wissen kann man es aber nicht. Das Wissen, welches zur Lösung benötigt wird, muss erst erzeugt werden. Oder, wie es schon im Beitrag von vorletzter Woche hieß:

Wenn es Wissen gibt, wie man Probleme lösen kann, dann wird das eigene Unternehmen belehrt. Wenn es (noch) kein Wissen gibt, kann man nur von ihm lernen. 

Viel Spaß dabei!

 

 

 

 

 

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